(Forsetzung zu Faschingszeit – Schicht 1, Samstag Tag)
Schon bei unserem Einsatz am Vormittag hatten wir diverse Grillereien und vor allem Saufereien gesehen, wir erwarten also für die Nacht eher Alk-Intox (Alkoholvergiftung), Stürze und Schlägereien.
Was wirklich geschieht:
Kurz vor 18 Uhr werden wir alarmiert in die Ordination eines uns bekannten Arztes – ein 3-Jähriger sollte mit Atembeschwerden und Verdacht auf Bronchitis auf die Kinderabteilung gebracht werden. Also: auf zum Berufungsort und danach 50km zum nächsten Krankenhaus mit Kinderabteilung düsen. Der Kleine ist recht unruhig, will nicht auf unserer Trage liegen und wirft sogar unseren Tröster-Teddy durch den ganzen RTW. Ein Wunder, dass mein Kollege jetzt nicht taub ist – trotz Atembeschwerden kann der kleine Herr noch ganz schön laut schreien. Ist also doch nicht so schlimm, wer schreit bekommt genug Luft.
Auf der Kinderstation geht die Anmeldung und Übergabe ganz rasch, wir können uns schnell auf ein Zigarettchen nach draußen stellen bevor wir den Heimweg antreten.
In der Zwischenzeit schauen wir, was denn die anderen so treiben.
Am Funk haben wir nämlich mitbekommen, dass sich der Supervisor in den Abend eingeklinkt hat und den Disponenten unterstützt. Unser NAW war ohne Unterbrechung auf drei aufeinanderfolgenden Einsätzen. Aber nicht nur bei uns, auch im Nachbarbezirk und auch ein bisschen weiter weg, aber im selben Leitstellengebiet, war die Hölle los.
Als wir jetzt schauen, was sich noch alles tut „daheim“, ist eigentlich wieder alles komplett ruhig. NAW steht zu Hause. Zweiter RTW hat mit ziemlicher Verspätung die Mannschaft gewechselt und ist auch wieder einsatzbereit. Mein Kollege ist heute Chef der Nacht und sollte so auch immer den Überblick haben, wer wo was macht gerade. Er seufzt einmal tief und zündet sich noch eine Zigarette an, nach diesem ganzen Chaos heute ist er jetzt erstmal erleichtet und schaut zufrieden aus.
Wir drehen wieder um, es ist mittlerweile 20 Uhr, und treten also den Heimweg an. Nach schon nur 5 km bekommt mein Kollege aber die „Vorwarnung“ der Leitstelle: Das ist eine Info, dass gerade etwas im Gange ist. In dem Fall war ein großer Feuerwehr-Einsatz – wir müssen uns also bereithalten, das wird eventuell eine Beistellung(*). Ich war mal bei der Feuerwehr, der Herr Kollege ist es immer noch, also wissen wir was da gerade abgeht. Er ruft also die Leitstelle an und holt sich Infos, ich schaue mal nach, wie viele Feuerwehren dort sind. Bei der Leitstelle ist gerade nochmal Stoßzeit, aber wir bekommen die Info, dass Atemschutzträger reingehen werden aber keine Bewohner verletzt sind. Bei so vielen Feuerwehren ist es dann üblich, dass ein RTW dabeisteht falls denen etwas passiert. Also Blaulicht wieder an und Vollgas zurück aufs Land – es fahren deshalb wir, die den weiteren Anfahrtsweg haben, weil wir beide bei der Feuerwehr sind/waren und dies außerdem eine Aufgabe für den Chef des Dienstes ist. Nach einigen Minuten Fahrt, als wir uns sicher sind, dass die Feuerwehr vor Ort ist und schon einen Überblick hat, funkt mein Kollege dann die Feuerwehr an und verlangt eine Lagemeldung, nach kurzer Zeit mein der FF-Einsatzleiter dann auch, dass wir nicht gebraucht werden, keine Atemschutzträger im Einsatz – Storno für uns. Also heim und endlich ausruhen.
Aber leider nur kurz – eine weitere Überstellung in ein Krankenhaus mit HNO-Abteilung wird gefordert. Aber schnell, mit Blaulicht. Schön langsam wird es anstrengend.
Wir erwarten allerdings immer noch die Alk-Intox und Verletzungen durch Stürze und Schläge. Es passiert aber Gott sei Dank nichts mehr diese Nacht. Gar nichts. Also war’s wohl wirklich nur ein zweistündiger Ausnahmezustand am frühen Abend.
Mal sehen, wie dann der Dienst am Faschingdienstag wird… 😉
(Faschingszeit – Schicht 3, Dienstag Nacht)
(*) Beistellung: Wir bei größeren Einsätzen der Feuerwehr benötigt. Dabei steht (je nach Einsatzart und Größe) ein oder mehrere Rettungsmittel bereit, falls den Einsatzkräften der Feuerwehr etwas passieren sollte.
Beispiel: Gebäudebrand einer Wohnhausanlage -> keine Verletzten Bewohner, Haus steht in Vollbrand. Hier müssen mehrere Feuerwehrtrupps mit Atemschutz reingehen. Das kann mitunter ganz schön gefährlich werden, ganz klar in einem brennenden Gebäude. Außerdem ist es wahnsinnig anstrengend für die Atemschutztrupps, sie müssen schwere Ausrüstung tragen, vielleicht Personen aus den Trümmern retten, unter minimalster Sicht bei größtmöglicher Hitze. Das kann auch zu Erschöpfung führen und dann ist es immer gut, den RTW gleich daneben stehen zu haben.